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Uneingeschränkte Erfassung von Nutzerdaten durch Facebook stößt dem Bundeskartelamt übel auf

Uneingeschränkte Erfassung von Nutzerdaten durch Facebook stößt dem Bundeskartelamt übel auf

Nutzer wurden aber nach der letzten Aktion von Facebook vor die Wahl gestellt: Entweder ihr nutzt alle unsere Dienste oder gar keine. Das brachte beim Bundeskartellamt das Fass zum Überlaufen. Es machte Facebook einen Strich durch die Rechnung.

Facebooks Mission Statement:

„Give people the power to build community and bring the world closer together.“

Neuerdings gilt das zwar immer noch, ist aber doch sehr viel einseitiger geworden. Die „Power“ hat in Wirklichkeit nämlich nur Facebook. Power ist nicht nur, wer das Sagen hat, sondern es geht um Big Data – Nutzerdaten aller Art, die der Social Media Riese so ganz nebenbei einsammelt und zu seinem Vorteil nutzt.

Hintergrund war folgender: Facebook Chef Mark Zuckerberg geht immer wieder auf eine große, natürlich sehr wohlüberlegte, Einkaufstour. Mittlerweile hat er dabei eine ganze Reihe andere weltweit populärer soziale Netzwerkdienste wie WhatsApp, Instagram, Facebook Analytics und andere soziale Schaltflächen zu seinem Imperium hinzugekauft. Diese Plattformen ergänzen Facebooks Portfolio wunderbar und eignen sich natürlich auch prima zum Sammeln von Nutzerdaten. Und Facebook ging aufs Ganze: Verpackt wurde das Vorhaben in eine prima Idee, die das Leben der Nutzer einfacher machen würde, um damit ihr Erlebnis auf den Sozialen Medien noch zu verbessern. Außerdem müssten Facebooks Nutzer sich beispielsweise nur ein Mal anmelden und nicht in jedem Dienst einzeln. Und dann wäre auch noch das Teilen von Meldungen zwischen den verschiedenen Plattformen viel einfacher. Das alles hatte Facebook vor und setzte es in die Tat um. Nutzer mussten nur den neuen Facebook Geschäftsbedingungen zustimmen und schon war das legitim. Allerdings stand irgendwo im Kleingedruckten, dass Facebook dann alle Daten seiner Nutzer von allen Plattformen zusammenführen, sammeln und auswerten konnte.

Dem deutschen Bundeskartellamt gefiel das gar nicht. Seit 2016 beschäftigt das Amt sich bereits mit Facebook und seinen Praktiken, Daten seiner Nutzer einzusammeln. Anfang Februar 2019 hatte es dann genug zusammengetragen, um Facebook in Deutschland den Prozess zu machen. Die Untersuchung des sozialen Netzwerks wurde eingeleitet, nachdem Bedenken aufgekommen waren, dass die Facebook Nutzer nicht über den tatsächlichen Umfang der Aktivitäten des Unternehmens informiert waren. In einen Bericht wurden die Ergebnisse beschrieben und erläutert. Die uneingeschränkte Erfassung von Nutzerdaten durch Facebook hat demnach dazu beigetragen, dass sich das Unternehmen im Laufe der Jahre einen Wettbewerbsvorteil verschafft und eine marktbeherrschende Stellung einnehmen konnte, die kaum zu überbieten sei, hieß es darin.

Daher verbietet das Bundeskartellamt Facebook nun, Nutzern den Zugang zu ihren Diensten zu verweigern, wenn diese nicht damit einverstanden sind, dass ihre Aktivitäten außerhalb der Facebook-Seite erfasst werden. Einfach nur ein Häkchen irgendwo zusetzen und damit den Facebook AGBs zuzustimmen, ist keine ausreichende Basis für eine solche intensive Datenverarbeitung, erklärte das Amt. Gemäß Facebooks Geschäftsbedingungen können Nutzer das soziale Netzwerk nämlich nur unter der Voraussetzung nutzen, dass Facebook auch außerhalb Facebook Daten über den Nutzer im Internet oder auf Smartphone-Apps sammelt und dem Facebook-Nutzerkonto zuordnet.

Das Kartellamt erlaubt Facebook jedoch zukünftig, in jedem seiner Dienste Daten zu erheben. Diese Daten müssten jedoch stets separat aufbewahrt werden und dürften nicht mit vorhandenen Facebook-Profilen zusammengeführt werden. Letzteres sei nur gestattet, wenn Facebook von den Nutzern dafür ihre ausdrückliche Zustimmung eingeholt hätte.

In einer Pressemitteilung schrieb der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt:

„Facebook darf seine Nutzer künftig nicht mehr zwingen, der praktisch uneingeschränkten Erhebung und Zuordnung von Nicht-Facebook-Daten zu ihren Facebook-Nutzerkonten zuzustimmen. Die Kombination von Datenquellen hat wesentlich dazu beigetragen, dass Facebook für jeden einzelnen Benutzer eine eigene Datenbank aufbauen und somit Marktmacht gewinnen konnte“,

fügte er hinzu.

Die Entscheidung könnte sich auf die Nutzung der Schaltflächen „Gefällt mir“ und „Teilen“ auf externen Websites auswirken. Facebook kann dann nicht mehr die IP-Adresse (Internet Protokol) jedes Besuchers, den Namen und die Version des Webbrowsers sowie andere Details, die zu ihrer Identifizierung verwendet werden können, einsammeln. Dies gilt immer, also auch, wenn Benutzer gar nie auf die genannten Schaltflächen klicken. Es wirkt sich auch auf die Facebook-Anmeldung aus, durch die Benutzer nicht mehr einen eindeutigen Benutzernamen und ein Kennwort für jeden Dienst eingeben müssen. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes gilt nur für Facebook in Deutschland. Es könnte aber auch die Entscheidungen anderer Behörden beeinflussen.

Facebook war mit der Entscheidung nicht einverstanden und erklärte in einem Blogpost:

„Wir arbeiten zwar seit fast drei Jahren mit dem Bundeskartellamt zusammen und werden unsere Gespräche fortsetzen. Wir sind jedoch nicht mit deren Schlussfolgerungen einverstanden und wollen Rechtsmittel einlegen, damit die Menschen in Deutschland weiterhin in vollem Umfang von allen unseren Dienstleistungen profitieren.“

„Popularität sei keine Dominanz“, erwiederte Facebook und argumentierte auch, dass es zwar ein soziales Netzwerk sei, aber aufgrund seiner vielfältigen Merkmale in direktem Wettbewerb mit allen Arten von Nischendiensten stehe, weshalb so viele Daten gesammelt werden müssten.

Klar, dass sich Facebook dagegen wehrt. Schließlich hat es erst kürzlich seine Pläne bekannt gegeben, die Technologie hinter den Chat-Diensten von Instagram, WhatsApp und Facebook Messenger zu integrieren. Es sagt, seine Praktiken würden Verbrauchern dabei helfen, relevantere Anzeigen zu erhalten, Werbetreibenden, den Erfolg ihrer Kampagnen zu messen und schließlich es Facebook erleichtern, gefälschte Konten zu erkennen, Terrorismus zu bekämpfen und seine Nutzer anderweitig zu schützen.

Facebook ist zu dem der Ansicht:

„Die DSGVO macht es insbesondere den Datenschutzbehörden – nicht den Wettbewerbsbehörden – möglich, festzustellen, ob Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden. Und Datenschutzbehörden haben sicherlich das Fachwissen, um diese Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes droht dies zu untergraben und gibt den Menschen unterschiedliche Rechte, je nach Größe der Unternehmen, mit denen sie Geschäfte tätigen.“

Facebook hat einen Monat Zeit, um vor einem deutschen Gericht Berufung einzulegen. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes hat noch keine rechtliche Durchsetzungsbefugnis. Dem Bericht der Agentur zufolge möchte das Bundeskartellamt, das Facebook einen „Umsetzungsplan“ vorlegt, um die genannten Probleme anzugehen. Wenn Facebook die Entscheidung jedoch ignoriert, heißt dies laut dem Bericht:

„Entscheidungen des Bundeskartellamtes können auch durch bestimmte Vollstreckungsmaßnahmen rechtlich vollstreckt werden.“

Auch im Vereinigten Königreich rührt sich Misstrauen. Die Kampagnengruppe Privacy International erklärte schon jetzt, dass Facebook, falls das deutsche Urteil standhält, die gleichen Rechte auf seine anderen Nutzer ausdehnen sollte. Tomaso Falchetta, Vorsitzender der Gruppe sagte:

„Datenschutzschäden werden direkt durch die Geschäftsmodelle von Unternehmen in marktbeherrschenden Stellungen verursacht, die zu einer übermäßigen Erhebung von Daten für Personen führen können, die dann zu „gefangenen Nutzern“ werden.“ Facebook sollte daher seinen Datenschutz für seine Aktivitäten weltweit vereinheitlichen.“

SANS IT-Sicherheitsexperte John Pescatore sagte in einem Kommentar:

Es ein wichtiger Brückenkopf für Fortschritte in der Privatsphäre. Facebook, Google und einige andere große Player besitzen mehrere Onlinedienste und ihre Servicebedingungen bedeuten im Allgemeinen, wenn man bei einem angemeldet bleibt, bleibt man allen eingeloggt. Da die meisten Leute in E-Mail-Diensten wie Google Mail und soziale Netzwerke wie Facebook angemeldet sind, bedeutet es oft, dass sie immer in alles eingeloggt sind – und ihre Informationen werden über alles hinweg verfolgt, in Beziehung gesetzt und verkauft. Die meisten Leute verstehen gar nicht, dass wenn sie bei Google Mail angemeldet bleiben jede Google-Suche in Beziehung zu dem steht, was sie in ihren E-Mails geschrieben haben. Das Gegenargument ist immer „gut, das ist es halt, was die Dinge im Internet kostenlos macht.“ Angreifer verlangen aber auch kein Geld, um aus schlecht gesicherten Datenbanken Daten zu klauen. Und daher kann es kein legitimes Argument sein, Menschen auszutricksen, damit sie ihre Informationen im Namen von kostenlosen Diensten aufgeben.

Deutsches Bundeskartellamt: https://www.bundeskartellamt.de/DE/Home/home_node.html

Artikel von bundeskartellamt.de, 07.02.2019: Bundeskartellamt untersagt Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quelle
Artikel von zdnet.com, 07.02.2019: Facebook broad data collection ruled illegal by German anti-trust office
Artikel von bbc.com, 07.02.2019: Facebook ordered by Germany to gather and mix less data

Urheberrechte Beitragsbild: Public Domain, Creative Commons CC0

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